Positionsbestimmung von Sonnenflecken
Die Sonne ist ein spannendes Objekt, weil sich ihre Oberfläche ständig verändert und bewegt. Wir messen Positionen, um das exakt in Zahlen zu verfolgen. Positionsbestimmung war einmal ein mühsames Gewerbe für Spezialisten. Heute sind hochwertige Messungen mit digitalen Fotos, digitalisierten Zeichnungen und Software auch für Amateurastronomen einfach, zuverlässig und mit geringem Aufwand möglich. Positionsbestimmung ist für viele Zwecke machbar geworden und eröffnet uns neue viele Perspektiven.
Kontakt zur Gruppe:
Ansprechpartner:
Klaus-Peter Daub (Hamburg) und
Heinz Hilbrecht (Laufenburg)
Im Internet-Forum der VdS Fachgruppe Sonne
Warum Positionsbestimmung?
Die Sonnenaktivität geht auf Magnetfelder zurück. Ihre Lage und Veränderungen drücken sich oft in der Ruhe oder den Bewegungen der Objekte auf der Sonne aus.
Es gibt langfristige Veränderungen der Fleckenpositionen mit dem elfjährigen Aktivitätszyklus (siehe "Schmetterlingsdiagramm" im Bild links). Im Sonnenfleckenmaximum stehen Sonnenflecken nahe am Äquator. Wenige Jahre vor dem Minimum erscheinen neue Fleckengruppen in hohen Breiten und lösen die Fleckenaktivität in niedrigen Breiten ab. Über einen Sonnenfleckenzyklus hinweg, macht die Zone der Sonnenfleckenaktivität also eine Breitenwanderung, die sich über die Jahre hinweg verfolgen lässt.
Die Sonne rotiert am Äquator schneller als in höheren Breiten. Diese differenzielle Rotation lässt sich ebenfalls leicht messen, indem aus den Positionen die Rotationsgeschwindigkeit berechnet wird. Neuerdings gibt es Hinweise, dass diese Geschwindigkeiten periodisch schwanken, die Sonne also ihre Rotationsgeschwindigkeit scheinbar ändern kann. Hier können Amateurastronomen wichtige Daten gewinnen.
Auch in Stunden bis Tagen lassen sich Bewegungen auf der Sonne messen. Wenn eine Sonnenfleckengruppe wächst oder schrumpft, wenn sie sich entwickelt, immer bewegen sich die Sonnenflecken. Weil Sonnenflecken auf starke Magnetfelder zurückgehen, sehen wir in den Positionsveränderungen die Bewegung dieser Felder, ihre Wechselwirkung und ihre Beziehung zu anderen Erscheinungen in Sonnenflecken.
Wie funktioniert Positionsbestimmung?
Die Sonne ist eine Kugel, die sich um ihre Achse dreht. Deshalb sind auf ihrer Oberfläche Längen- und Breitenkreise definierbar, wie auf der Erde. Unser Bild der Sonne ist jedoch flach, egal ob als Foto oder Zeichnung. Wir können darin nur rechtwinklige Koordinaten messen, in der X- und Y-Achse. Diese Messungen müssen also in Längen und Breiten auf der Sonne umgerechnet werden. Diese Umrechnung ergibt dann die heliografischen Koordinaten.
Die Rotationsachse der Sonne steht nicht senkrecht zur Umlaufbahn der Erde. Ebenso ist der Sonnenäquator während des Jahres unterschiedlich geneigt. Wir sehen deshalb die Sonne im Verlauf des Jahres (einem Umlauf der Erde um die Sonne) aus verschiedenen Perspektiven. Bildlich gesprochen: Wir schauen mal von oben auf den Äquator, mal von unten. Mal ist die Rotationsachse der Sonne in Richtung Osten geneigt, mal in Richtung Westen. Auch diese Effekte müssen "herausgerechnet" werden.
Es gibt verschiedene Methoden für die Positionsbestimmung.
Projektion in die Gradnetzschablone: Es gibt deshalb spezielle Zeichenschablonen für die gesamte Sonnenscheibe. Mit der Projektionsmethode kann die Sonne ins Gradnetz abgebildet werden, wie es sich im Jahreslauf scheinbar verändert. Schon damit lassen sich grobe Positionsbestimmungen für viele Zwecke ausführen:
Gradnetz-Zeichenschablonen zum Download.
Gradnetze (Stonyhurst Charts) ohne weitere Beschriftung, verschiedene Projektionsdurchmesser zum Download:
Gradnetz-Zeichenschablonen Projektionsdurchmesser 100 mm.
Gradnetz-Zeichenschablonen Projektionsdurchmesser 125 mm.
Gradnetz-Zeichenschablonen Projektionsdurchmesser 150 mm.
Die Lage des Sonnenäquators (Bo) für die richtige Wahl des Gradnetzes berechnen Sie z.B. mit dem Ephemeriden-Rechner vom Sonnenobservatorium Kanzelhöhe (Universität Graz): www.kso.ac.at/beobachtungen/ephemeris.php
Messung aus einer Projektionszeichnung:
Auf der Ost-West-ausgerichteten Zeichenschablone werden Objekte auf der Sonne markiert und später mit transparenten Gradnetzen (auf Folie) oder Software ausgemessen.
Diese Methode liefert recht genaue Ergebnisse und ist technisch einfach.
Sie brauchen dafür die Schablone für die tägliche Übersichtszeichnung der Sonne, hier
zum Download.
Positionsfotografie: Die Sonne wird zweimal fotografiert. Zuerst am Ostrand des Kameragesichtsfeld. Die Nachführung wird nun abgeschaltet, das Sonnenbild wandert durch das Gesichtsfeld. Dann wird ein zweites Bild am Westrand des Kamera-Gesichtsfelds aufgenommen. Wichtig ist, das jeweils die ganze Sonne aufgenommen wird.
So entstehen ein "Ostbild" und ein "Westbild":
Das überlagerte Bild zeigt, wie aus beiden Aufnahmen die Ost-West-Richtung und damit auch die Nord-Süd-Richtung abgeleitet wird. Die Überlagerung und die Messungen erledigt eine Software.
Genau dieselben Prinzipien gelten auch für Projektionszeichnungen, die mit der "wandernden Sonne" ebenfalls in Ost-West-Richtung ausgerichtet werden müssen.
Wie Positionsbestimmung auf der Sonne genau gemacht wird:
Die Einführung in die Positionsbestimmung
zum Download als pdf-Datei.
Wie wir die Messungen machen
Messungen und Berechnungen machen wir mit der "SunMap" Software an digitalisierten Zeichnungen der Sonne oder an Digital-Fotografien. Das Bild links zeigt die Benutzeroberfläche.
Die Arbeit am Computer liefert neben Positionen auch Flächen von Sonnenflecken, oder die Neigung der Achse von bipolaren Sonnenfleckengruppen. Auch in diesen Messungen sehen wir die Sonnenaktivität und ihre langfristigen Zyklen. Diese Daten verbinden uns mit anderen Amateurastronomen, die Sonnenaktivität mit anderen Methoden verfolgen (z.B. mit Bestimmungen der Relativzahl). So ergibt sich Zusammenarbeit und Austausch mit anderen Sonnenbeobachtern.
SunMap kann auch digitalisierte Zeichnungen von Sonnenflecken auf Projektionszeichnungen der Sonne auswerten. Die Ergebnisse sind überraschend genau. Wir sind deshalb ganz und gar nicht auf die Fotografie der Sonne als Beobachtungsmethode und Messgrundlage beschränkt. Vielmehr ermutigen wir Beobachter auch weiterhin zur täglichen Zeichnung der Sonne mit der Projektionsmethode und direkter Markierung.
Hier gibt es dafür die Zeichenschablone für die Weißlichtprojektionszeichnung zum Download. Für Teleskope unter 100 mm Öffnung sollte die Sonnenscheibe nur mit 11 cm Durchmesser ausgedruckt werden. Das Sonnenbild könnte sonst zu dunkel werden. Wie die Schablone ausgerichtet wird, damit Positionsmessungen möglich sind, steht in der Einführung in die Positionsbestimmung.
Am Teleskop benutzen wir gerne diese Quellen:
www.solarmonitor.org: NOAA-Bezeichnungen für aktive Gebiete
sdo.gsfc.nasa.gov/data: SDO aktuelle Bilder
sdo.gsfc.nasa.gov/assets/img/browse: SDO archivierte Bilder (jpeg)
www.helioviewer.org: Helioviewer für Videos
www.kso.ac.at/beobachtungen/ephemeris.php : Ephemeriden-Rechner vom Observatorium Kanzelhöhe
Software für die Auswertung von Fotos und Zeichnungen:
Positionsbestimmung mit der "SunMap" Software von Ralf Pagenkopp
Dazu eine Beschreibung der "SunMap" Software zum
Download in SONNE 139 (2016).
Der Sonne Gradnetzdrucker auf der Download-Seite der VdS Fachgruppe Sonne
Bildverarbeitungs-Software "ImageJ" (Freeware für Windows, Linux, Mac-OS):
imagej.nih.gov
Archiv der Daten aus früheren Projekten
Daten für die differentielle Rotation, das Rotationsgesetz und synoptische Karten der Sonne: Ergebnisse
Zu guter Letzt
Die Zeichnungen von Galileo Galilei aus dem Jahr 1613 zeigen in der Animation die Sonnenflecken, die mit der Rotation der Sonne wandern.